Fatigue - die Lebensqualität leidet
Fatigue erzeugt bei vielen MPN-Patienten einen besonderen Leidensdruck. Daher soll sie an dieser Stelle ausführlicher behandelt werden.
Was ist Fatigue?
Fatigue ist definiert als ein belastendes, anhaltendes und subjektives Empfinden von physischer, emotionaler und/oder kognitiver Müdigkeit oder Erschöpfung, die durch eine Krebserkrankung oder deren Behandlung verursacht wird.
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Das Ausmaß der Erschöpfung steht dabei in keinem Verhältnis zu vorangegangenen Aktivitäten und beeinträchtigt den Alltag.
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Das Wort „fatigue“ ist die französische Bezeichnung für Müdigkeit. Die Verwendung dieses Begriffes soll den Unterschied zwischen der im Kontext einer Krebserkrankung auftretenden Müdigkeit und normaler Müdigkeit verdeutlichen.
Auswirkungen der Fatigue
Die Fatigue kann sich auf unterschiedlichen Ebenen auswirken oder äußern:

Auf der körperlichen Ebene macht sich Fatigue bemerkbar durch:
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Schnelle Ermüdbarkeit
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Leistungsminderung
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Schwäche
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Kraftlosigkeit
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Erhöhtes Schlafbedürfnis
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Schlafstörungen

Auf der emotionalen Ebene macht sich Fatigue bemerkbar durch:
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Verminderte Motivation
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Depressive Verstimmtheit
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Traurigkeit
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Reizbarkeit
Anders als bei einer Depression sind Patienten mit Fatigue aber in der Lage, Freude zu empfinden.

Auf der kognitiven Ebene macht sich Fatigue bemerkbar durch:
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Konzentrationsstörungen
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Gedächtnisprobleme
Erfassen der Fatigue
Eine Fatigue sollte möglichst frühzeitig erfasst werden. Empfohlen wird ein Screening mit einer numerischen Ratingskala, wie sie auch im MPN-10-Symptomerfassungsbogen vorgegeben ist. Dabei steht „0“ für „überhaupt nicht müde“ und „10“ für „schlimmste Form von Müdigkeit“.
Die im Fatigue-Screening bestimmten Scores lassen sich verschiedenen Schweregrade zuordnen:
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0-3: milde Fatigue
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4-6: moderate Fatigue
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7-10: schwere Fatigue
Eine moderate oder schwere Fatigue ist behandlungsbedürftig. Hier sollte eine genaue Beurteilung erfolgen, um mögliche Ursachen zu erfassen.
Ursachen der Fatigue
Eine Fatigue hat in der Regel mehrere Ursachen, die in unterschiedlichem Ausmaß zur Entstehung beitragen können.
Schlafstörungen
Schlafstörungen verstärken eine Fatigue. Sie können verschiedene Ursachen haben. Schlaffördernde Maßnahmen wie z.B. Lavendel-Auflagen, Schlafrituale und Verzicht auf Koffein vor dem Schlafengehen helfen den Betroffenen. Schlafphasen am Tag sollten insgesamt eine Stunde nicht überschreiten.

Die Krankheitssituation und das Grübeln darüber, was die Erkrankung für das eigene Leben bedeutet, lösen bei den Patienten emotionalen Stress aus.

Mangelernährung infolge der Splenomegalie beeinträchtigt den Allgemeinzustand und führt zu Müdigkeit und Schwäche. Gewichtsverlust, Probleme bei der Nahrungsaufnahme oder Resorption von Nährstoffen sowie Störungen im Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt begünstigen die Entstehung von Fatigue.

Häufig ist bei einer Krebserkrankung die körperliche Aktivität des Patienten reduziert. Die körperliche Leistungsfähigkeit (Kondition) lässt nach. Es entsteht ein Teufelskreis aus Bewegungsmangel, Verlust an Kondition und rascher Erschöpfung.

Schmerzen können Fatigue verursachen. Fatigue in Verbindung mit Schmerzen und Schlafstörungen führt zu einer höheren Mortalität im ersten Jahr nach Diagnose einer Krebserkrankung. Aus diesem Grund ist eine gute Schmerzeinstellung durch einen Schmerzspezialisten wichtig.

Die für MPN typische erhöhte Zytokinausschüttung begünstigt eine Fatigue. Auch Mangelernährung und die im Krankheitsverlauf entstehende Anämie spielen eine wichtige Rolle.

Begleiterkrankungen wie beispielsweise häufige Infektionen oder Leberfunktionsstörungen können Fatigue verstärken.

Viele Medikamente haben Nebenwirkungen, die eine Fatigue begünstigen oder verstärken. Auch Schmerzmedikamente zählen dazu.

Übelkeit und Erbrechen, aber auch Bauchschmerzen aufgrund der Milzvergrößerung können sehr anstrengend sein und zu einer Fatigue beitragen.
Spezifische Fatigue-Ursachen
Fatigue bei MF und PV ist insbesondere durch die folgenden Faktoren verursacht.

Erhöhte Zytokinausschüttung, wie sie bei allen MPN beobachtet werden, begünstigen Fatigue.

Anämie, z. B. wie bei MF, kann zu Leistungsschwäche und Fatigue führen.

Splenomegalie begünstigt eine Mangelernährung. Wird zu wenig Energie aufgenommen oder fehlen wichtige Nährstoffe, kann das zu Müdigkeit und Schwäche führen.

Schmerzen können Fatigue verursachen, weil sie unter anderem den Schlaf beeinträchtigen. Aus diesem Grund ist eine gute Schmerzeinstellung durch einen Schmerzspezialisten wichtig.